Kultur und Religion
„Sein oder nicht sein“ ist kein Zustand für die Kulturszene.
Das reichhaltige kulturelle Angebot Baden-Württembergs ist wesentlicher Teil unserer Identität. Die zahlreichen Beschränkungen haben vielen Kultureinrichtungen und den selbstständig arbeitenden Kulturschaffenden massiv geschadet und existenzielle Nöte erzeugt. Wir sind dazu verpflichtet, dieser unmittelbaren Bedrohung der Kulturszene entgegenzuwirken. Deshalb wollen wir neben direkten Hilfen auch den Konsum ankurbeln. So streben wir für die Jahre 2021/22 ein außerordentliches kulturelles Angebot an, das gerade den 2020 in Not geratenden Kulturschaffenden ermöglicht, ihre künstlerischen Tätigkeiten wieder profitabel aufzunehmen.
Unsere Positionen im Einzelnen
Unser Land Baden-Württemberg wird mehr als viele andere Bundesländer durch sein reichhaltiges kulturelles Leben geprägt.
Dabei wirken die großen staatlichen Kultureinrichtungen wie z.B. die beiden Staatstheater, die Landesmuseen, die Kunstakademien und die Musikhochschulen als Leuchttürme, an denen sich viele kommunale, kirchliche und private Kulturtreibende orientieren. Viele Künstler bereichern mit ihren Auftritten und künstlerischen Leistungen dauerhaft das kulturelle Leben in unserem Land.
Die Corona-Krise mit ihren leider notwendigen Veranstaltungsverboten hat den privaten, kirchlichen und kommunalen Kultureinrichtungen und den selbstständig arbeitenden Künstlern sehr geschadet, sodass bei vielen von ihnen sogar die wirtschaftliche Existenz gefährdet ist.
Land, Städte und Gemeinden haben die wichtige Aufgabe, durch gezielte Förderung den kulturtreibenden Einrichtungen über die Durststrecke zu helfen und der durch die Pandemie geschaffenen Gefahr wirksam entgegenzuwirken. Diese Aufgabe reicht weit über das Jahr 2020 hinaus.
Wir Freie Demokraten befürworten neben direkten Hilfen den Weg, das künstlerische Leben durch mehr Nachfrage nach künstlerischen Leistungen zu fördern. Wir streben für die Jahre 2021 und 2022 ein besonders reichhaltiges kulturelles Angebot an, das gerade jenen Künstlern und kulturellen Einrichtungen, die 2020 in Not gekommen sind, Gelegenheit bietet, ihre künstlerischen Leistungen zu erbringen.
Baden-Württemberg ist ein Land, in dem die Musik in vielfältiger Weise das kulturelle Leben prägt und bereichert. Das Spektrum reicht von hochprofessioneller künstlerischer Exzellenz über eine breite Förderung musikalischer Talente in den Schulen und den Orchestern bis hin zu einem vielfältigen Angebot populärer Musik aller Sparten. Man beneidet uns um unsere exzellenten Musikhochschulen, um die beiden Staatsopern, um die vielen Musikvereine und Chöre, aber auch um jene Bands und Musikgruppen, die seit 2003 von der Popakademie Mannheim vorbildlich gefördert werden.
Aufgabe des Landes ist es, für eine qualifizierte Ausbildung junger Musiker zu sorgen und jene künstlerischen Spitzenleistungen zu fördern, die ohne Subventionen in andere Länder abwandern würden oder in ihrer Existenz gefährdet wären. Die wichtigsten Grundlagen musikalischer Bildung werden an den kommunalen Musikschulen gelegt, die vom Land auch weiterhin gefördert werden.
Die innere Stärke unseres Landes beruht nicht nur auf den aktuell vorhandenen Kompetenzen und den Leistungen der Menschen, sondern auch auf dem Wissen um die eigene Herkunft, den gewachsenen Strukturen und den im Laufe der Geschichte gewonnenen gemeinsamen Wertvorstellungen.
Es ist Aufgabe des Landes, dieses Wissen und das Bewusstsein der eigenen Geschichte und Traditionen zu sichern und zu vermitteln. Dazu gehen wir in Baden-Württemberg seit vielen Jahren verschiedene Wege: Wir erschließen die politische und Geistesgeschichte des Landes mit den Methoden der Wissenschaft, greifen über eine gut mit Ressourcen ausgestattete Archäologie auf die Vor- und Frühgeschichte zurück und tragen die gewonnenen Erkenntnisse über professionelle Präsentationen in die breite Öffentlichkeit.
Dabei wird das Land vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk und vielen Verlagen einerseits und einer Vielzahl lokaler und oft ehrenamtlicher Aktivitäten andererseits unterstützt. Wir schätzen dieses Netzwerk der Landes- und Heimatgeschichte und wollen es auch in Zeiten der Globalisierung erhalten, denn es bindet die Menschen an unser Land. Mit dem Badischen Landesmuseum in Karlsruhe, dem neu gestalteten Landesmuseum Württemberg und dem Haus der Geschichte in Stuttgart und dem Archäologischen Landesmuseum in Konstanz verfügen wir über vier Leuchttürme in der Landschaft der historischen Museen. Dazu kommen viele weitere kommunale und private Museen, die sich der Heimatgeschichte widmen.
Das Land Baden-Württemberg fördert im großen Konsens aller Parteien die Schaffung neuer und die Präsentation bestehender Werke der bildenden Kunst. Dies geschieht traditionell an den beiden Kunstakademien, der Staatsgalerie in Stuttgart, den Staatlichen Kunsthallen in Karlsruhe und Baden-Baden und seit einigen Jahren auch an der Akademie Schloss Solitude und dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe, die weit über Baden-Württemberg hinauswirken. Dazu kommen private, kommunale und kirchliche Kunstmuseen, die ihre Sammlungen präsentieren oder Jahr für Jahr großartige Ausstellungen konzipieren und umsetzen, ohne dafür staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auf interkulturellem Gebiet leistet das gemeinsam mit der Stadt Stuttgart betriebene Lindenmuseum als eines der bedeutendsten Völkerkundemuseen Europas einen herausragenden Beitrag. Wir unterstützen den generellen Verzicht auf Eintrittsgelder in staatliche Museen nicht, sind aber für temporären Eintrittsverzicht oder Stifterlösungen offen.
Unverzichtbare Partner der Künstler und der kunstinteressierten Bürgerinnen und Bürger sind private Galerien und der private Kunsthandel. Notwendig ist aber auch das ungebrochene Engagement des Staates beim Erhalt und dem Ausbau dieser Strukturen. Die Akademien und Museen machen unser Land als Standort attraktiv und leisten wertvolle Bildungsarbeit für Menschen aller Generationen. Wir wollen, dass das so bleibt.
Kultureller und wirtschaftlicher Fortschritt wird nicht durch den Staat geschaffen, sondern durch einen intensiven, oft leidenschaftlichen, aber immer freiheitlichen gesellschaftlichen Diskurs. An diesem Diskurs sollen alle Menschen teilnehmen können. Er hat eine integrierende Wirkung und schafft jene Gemeinschaft, auf die wir Liberale vertrauen. Für einen solchen Diskurs braucht es eine gemeinsame Sprache, die der Komplexität der Welt, über die wir sprechen, gewachsen ist.
Das Beherrschen der deutschen Sprache, der souveräne Umgang mit ihr und die Weiterentwicklung der Sprache sind deshalb nicht Glasperlenspiele des Bildungsbürgertums, sondern essenzielle Voraussetzungen für das Funktionieren einer hoch entwickelten freiheitlichen Gesellschaft. Sprache muss frühzeitig erlernt, sicher beherrscht und täglich auf möglichst hohem Niveau erlebt werden.
Experimente wie „Schreiben nach Gehör“, die den qualifizierten Umgang mit der deutschen Sprache erschweren, lehnen wir ab.
Dabei stehen nicht nur die Schulen und Hochschulen, sondern jene Institutionen in der Verantwortung, die Hochsprache für alle Menschen erlebbar machen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und das Fernsehen, Autoren und Verleger mit ihren Büchern und Zeitungen, die Theater als Orte besonderer sprachlicher Kompetenz und die Parlamente, in denen der gesellschaftliche Diskurs besonders intensiv leben sollte.
In Baden-Württemberg wird das gesellschaftliche Leben vielleicht mehr als anderswo auch vom Engagement der Kirchen geprägt. Sie wirken als kraftvolle Partner im gesellschaftlichen und politischen Diskurs mit und erbringen in enger Partnerschaft mit dem Staat und den Kommunen eine Vielzahl qualifizierter sozialer Leistungen. In weiten Teilen des Landes sorgen sie für Kinderbetreuung und engagieren sich über ihre Hilfswerke Caritas und Diakonie in der Kranken- und Altenpflege. Wir Freie Demokraten schätzen Kirchen und Religionsgemeinschaften als zuverlässige Partner und selbstbewusste Vertreter gesellschaftlicher Werte.
Wir setzen auf einen Dialog zwischen den Religionen, der von Respekt, gegenseitiger Achtung und Toleranz getragen ist. Religionen wirken gemeinschaftsbildend und stärken Persönlichkeit und Selbstbewusstsein ihrer Anhänger. In einer modernen aufgeklärten Gesellschaft dürfen sie jedoch nicht trennend wirken oder Menschen anderen Glaubens ebenso wenig wie Menschen, die keiner Religion angehören, vom gesellschaftlichen oder politischen Leben ausschließen. Für religiösen Fanatismus jeglicher Couleur darf in unserer Gesellschaft kein Platz sein. Wir Freie Demokraten stehen für die Werte der Aufklärung, für religiöse Toleranz und für die Überzeugung, dass jeder Mensch nach seiner Façon selig werden möge.