Europa entfesseln und Zusammenhalt stärken

Präambel

Die Europäische Union (EU) hat in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich dazu beigetragen, Frieden, Stabilität und Wohlstand in Europa zu sichern. In der jüngeren Vergangenheit befand sich EU allerdings vorranging im Modus der Krisenbewältigung: Von Euro-, Klima- und Flüchtlingskrisen über Brexit und den Aufstieg nationaler und populistischer Kräfte bis hin zur Covid-19-Pandemie und dem völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg in der Ukraine inklusive seiner weitreichenden Folgen. Die Bewältigung dieser Krisen ist zum Alltag europäischer Politik geworden.

Um die immensen Herausforderungen zu bewältigen, braucht es ein Europa, das sich auf seine Stärken besinnt und auf die Lösung der drängenden Probleme konzentriert. Eine EU, in der der Krisenfall zum Normalfall geworden ist, muss zügig weiterentwickelt und auch modernisiert werden. Die FDP Baden-Württemberg setzt sich für gezielte Reformen ein, damit die EU auch weiterhin Garant einer friedlichen, stabilen und erfolgreichen Zukunft ist.

1. Weiterentwicklung der Europäischen Union

Grundlegende Reform der Europäischen Union

Die Europäische Union muss ihre Strukturen grundlegend überdenken. Gemäß den Prinzipien von Subsidiarität und Konnexität setzen wir uns für ein Europa ein, das einen stärkeren Fokus auf das Lösen der großen Probleme unserer Zeit legt und gleichzeitig den Mitgliedsstaaten möglichst viel Spielraum bei der Ausgestaltung einräumt. Das Europäische Parlament muss gegenüber dem EU-Rat, der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat gestärkt werden und ab 2025 nur noch in Brüssel tagen. Die FDP Baden-Württemberg setzt sich für eine Verkleinerung der EU-Kommission und die Einsetzung eines eigenen EU-Kommissars für Bürokratieabbau ein. Wir wollen eine europäische Verfassung, eine EU-Armee und eine gemeinsame EU-Außen-, Sicherheits-und Asylpolitik. Europa ist ein Kontinent der Freiheit und der Chancen, nicht der Verbote und Bürokratie. Insbesondere lehnen wir Technologie- und Produktionsverbote ab, welche den Wirtschaftsstandort Europa schwächen, letztlich lediglich zu einer Verlagerung der Technologien beziehungsweise Produktion in Drittstaaten führen und somit global betrachtet unwirksam sind.

Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas ernst nehmen

Die Konferenz zur Zukunft Europas war ein wichtiger Meilenstein zur Gestaltung der gemeinsamen europäischen Zukunft. Sie hat wichtige Impulse geliefert, was die Steigerung der institutionellen Handlungsfähigkeit angeht. Jetzt müssen die Institutionen auch den nächsten Schritt gehen und einen Europäischen Konvent einberufen, um die Europäische Union zukunftsfähig zu gestalten.

Während sich die Europäische Union inhaltlich stärker auf die wirklich großen Probleme konzentrieren kann, wird dem Subsidaritätsprinzip deutlicher Rechnung getragen. Darin sehen wir keinen Gegensatz. Die Kompetenzen müssen dafür innerhalb Europas klarer abgegrenzt werden: Wir fordern, dass Europa in den Bereichen grundsätzlicher Handels-, Binnenmarkt-, Außen-, Sicherheits-, Verteidigungs-, Energie-, Klima-, Einwanderungs- und Asylpolitik mit einer Stimme spricht. Politikbereiche, die hingegen auf niedrigerer Ebene besser gelöst werden können, wie etwa die Sozial-, Steuer-, Gesundheits- und Familienpolitik, verbleiben auf einzelstaatlicher Ebene. Eingriffe in diese Bereiche werden abgebaut, den Ländern zustehende eigene Kompetenzbereiche vertraglich klar umrissen und innerhalb der Kompetenzbereiche der Europäischen Union so viel Entscheidungsfreiraum wie möglich auf Länderebene und kommunaler Ebene belassen.

Institutionen verschlanken und effizienter machen

Wir Freie Demokraten stehen für eine Stärkung der europäischen Integration und Zusammenarbeit, insbesondere in den Bereichen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, Migrations- und Flüchtlingspolitik sowie der Gesundheitspolitik.

Wir sehen die Notwendigkeit einer Reform der EU- Institutionen und arbeiten an der Erhöhung der Transparenz und Rechenschaftspflicht der einzelnen Entscheidungsträger.

Für alle Europawahlen fordern wir gleiches Stimmgewicht jedes europäischen Wählers. Das Europäische Parlament soll nach einem Wahlrecht gewählt werden, das bei gleichem Stimmrecht für alle EU-Bürger europäische Wahllisten vorsieht.

Wir halten an dem Spitzenkandidaten-Prinzip fest, wonach das Parlament denjenigen zum Kommissionspräsidenten wählt, der im EU-Parlament eine Mehrheit der Stimmen auf sich vereint. Daraufhin soll er seine Kommissare und deren Zuständigkeiten unabhängig von deren Nationalität und von sachfremden Erwägungen vorschlagen dürfen. Die EU-Kommission soll sich dann entsprechend der Mehrheitsverhältnisse im Parlament bilden und nur noch aus maximal 18 Kommissaren bestehen.

Kommunal- und Städtepartnerschaften vorantreiben

Kommunal- und Städtepartnerschaften leisten einen unschätzbaren Beitrag zu Völkerverständigung und Europäischer Integration. Daher werden wir Freie Demokraten auf kommunaler Ebene zukünftig verstärkt um die Errichtung neuer Partnerschaften werben. Dabei ist verstärkt darauf zu achten, dass insbesondere die junge Generation von diesen Programmen angesprochen und deren Bedürfnisse adressiert werden.

Ein besonderer Fokus soll dabei auf der freien Ukraine liegen, welche auch damit stärker an die Europäische Union herangeführt werden soll.

Verhältnis zu Nicht-EU-Staaten in Europa

Wir wollen die Zusammenarbeit mit den Nicht-EU-Staaten in Europa weiter intensivieren. Einen Fokus legen wir dabei auf die Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation Island, Norwegen, Liechtenstein und der Schweiz. Gerade die Schweiz ist als großer Handelspartner für uns Baden-Württemberger von zentraler Wichtigkeit. Daher wollen wir die Tür für einen neuen Anlauf zum Rahmenabkommen offenhalten. Die institutionelle Klärung zwischen der EU und der Schweiz muss zwingend Teil dieser neuen Verhandlungen sein. Wenn das derzeitige Integrationsniveau aufrechterhalten oder sogar noch gesteigert wird, ist die Sicherung eines einheitlichen Rechtsraumes grundlegend - die Personenfreizügigkeit als Kernbestand des Binnenmarktes. Die Teilnahme der Schweiz am EU-Binnenmarkt und EU-Projekten muss mit einer entsprechenden finanziellen Beteiligung und Anerkennung von EU-Institutionen einhergehen. Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass die Schweiz wieder in das Forschungsprogramm Horizon Europe aufgenommen wird. Das Land Baden-Württemberg muss alles tun, um die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU wieder zu verbessern. Dazu gehört direkte Zusammenarbeit etwa in der Bildungs- und Forschungspolitik, aber auch das klare Vertreten unseres Interesses an guten Beziehungen zur Schweiz auf Bundes- und Europaebene. Baden-Württemberg muss sich als Brückenbauer zwischen Bern, Berlin und Brüssel positionieren.

Für Großbritannien muss die Tür für einen möglichen erneuten EU-Beitritt offen gehalten werden.

Stabile Staatsfinanzen

Stabile Haushalte sind die Voraussetzung dafür, dass Staaten auch in Zukunft handlungsfähig bleiben. Die hohen Ausgaben aus Zeiten der Pandemie und Energiekrise müssen darum ein Ende haben. Die Inflation darf nicht weiter durch noch mehr schuldenfinanzierte Staatsausgaben angefüttert werden. Für uns Freie Demokraten ist klar, dass für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verbindliche, strenge und durchsetzbare Schuldenregeln auf nationaler und gegebenenfalls europäischer Ebene gelten müssen. An unserer Haltung ändert auch der von den USA aufgelegte Inflation Reduction Act nichts. Dauerhafte schuldenfinanzierte Wirtschaftshilfen der EU oder der Einzelstaaten lehnen wir ab. Auch indirekte Subventionen wie Quotenregelungen sehen wir sehr kritisch. Vorschläge für die neuen EU-Fiskalregeln, die einer Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspakts gleichkommen, kann Deutschland nicht akzeptieren. Die Antwort auf die wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft muss eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas sein.

Freihandel stärken: Handelsabkommen vorantreiben

Freihandel ist ein entscheidender Schlüssel für Wohlstand und Wachstum in ganz Europa. Er schafft Arbeitsplätze, fördert Innovationen und trägt zugleich dazu bei, Abhängigkeiten von einzelnen Ländern zu reduzieren. Wir Freie Demokraten setzen uns deshalb für den weiteren Abbau von Handelshemmnissen und die Förderung von fairem Freihandel ein. Vor allem mit Ländern, mit denen wir unsere grundlegenden Werte der liberalen Demokratie teilen, wollen wir Kooperation und Handel intensivieren. Mit der Ratifizierung von CETA, dem Freihandelsabkommen mit Kanada, ist im vergangenen Jahr bereits ein wichtiger Schritt gelungen. Auf Grundlage dieses fortschrittlichsten EU-Handelsabkommens müssen nun weitere Folgen.

Die FDP Baden-Württemberg fordert eine zügige Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit den MERCOSUR-Staaten Südamerikas. Es braucht auch einen neuen Anlauf für das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA und zu Verhandlungen der EU über eine Freihandelszone mit allen ASEAN-Staaten. Langfristiges Ziel muss eine Weltfreihandelszone der Demokratien sein. Der verheerende Angriffskrieg Russlands in der Ukraine lässt uns spüren, wie wichtig die Sicherung von Rohstoffen in der EU ist. Wir Freie Demokraten setzen uns daher aktiv für diverse Rohstoffabkommen der EU mit seinen Partnern ein.

Echte Technologieoffenheit schaffen

Die FDP Baden-Württemberg steht für eine Politik, die auf Innovation, Technologieoffenheit und marktwirtschaftliche Instrumente setzt anstelle staatlicher Lenkung. Wir Freie Demokraten bekennen uns nachdrücklich zu den Pariser Klimazielen. Um sie zu erreichen, müssen wir alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen und dürfen Einfallsreichtum und Erfindergeist nicht durch politische Verbote ausbremsen. Wir wollen Anreize schaffen, damit neue Technologien und Geschäftsmodelle entstehen und sich durchsetzen können. Nur wenn die besten und günstigsten Lösungen gefunden werden, kann der europäische Weg dem Rest der Welt als Vorbild dienen und weltweit Nachahmer finden.

Statt Überregulierung durch immer mehr Ordnungsrecht wollen wir den Emissionshandel stärken. Der europäische CO2-Zertifikatenhandel ETS hat seit seiner Einführung im Jahr 2005 bewiesen, dass er zu beständigen CO2-Reduktionen führt. Zukünftig werden neben dem Energie- und Industriesektor auch der Verkehrs- und Gebäudesektor durch einen CO2- Zertifikatehandel abgedeckt. Umso wichtiger ist es, dass in diesen Sektoren jetzt nicht die ordnungspolitische Keule ausgepackt wird. Mittelfristig soll der Emissionshandel auf alle Emittenten, insbesondere auch die Landwirtschaft, ausgeweitet werden.

Wir setzen uns dafür ein, dass negative Emissionen in den Emissionshandel integriert werden. Um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen, müssen wir der Atmosphäre zusätzlich einen Teil der bereits emittierten Treibhausgase entziehen. Kohlenstoffdioxid kann in natürlichen Kohlenstoffspeichern wie Wäldern und Mooren gespeichert oder mit technischen Einrichtungen aus der Luft gefiltert werden. Dazu sollten Anreize gesetzt werden, indem negative Emissionen in den ETS integriert werden. Wer künftig CO2 oder andere Treibhausgase speichert, soll ein kostenloses Zertifikat erhalten, ohne dass die Gesamtanzahl der Zertifikate steigt. Dieses Zertifikat kann dann an Emittenten verkauft werden. So entsteht ein wirtschaftlicher Anreiz CO2 einzuspeichern. Perspektivisch sollte eine Zusammenführung der beiden Emissionshandelssysteme ETS1 und ETS2 angestrebt werden, sodass Treibhausgaseinsparungen in jenem Sektor erfolgen, wo dies am kostengünstigsten möglich ist. Die Überführung in ein einheitliches EU-Emissionshandelssystem sollte verbindlich terminiert werden, um den Märkten eine frühzeitige und planungssichere Zusammenführung zu ermöglichen.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat durchgesetzt, dass synthetische Kraftstoffe in Reinform an öffentlichen Tankstellen verkauft werden dürfen, und setzt sich dafür ein, dass am Ende der Beratungen über das Gebäudeenergiegesetz eine technologieoffene, praxistaugliche, sozial ausgewogene und kosteneffiziente Regelung steht. Pläne, den Verbrennungsmotor ab 2035 zu verbieten oder die EU-Gebäuderichtlinie zu verschärfen, würden die klimafreundlichen, marktbasierten und technologieoffenen Mechanismen des ETS unterlaufen und sind daher abzulehnen.

Forschungsraum Europa stärken – Internationale Partnerschaften erhalten

Die FDP Baden-Württemberg tritt für einen starken Europäischen Forschungsraum ein. Drängende Herausforderungen wie der Klimawandel, Digitalisierung und technologische Souveränität erfordern innovative Lösungen, die nur auf Basis einer leistungsfähigen Grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung entstehen können. Die internationale Dimension dieser Herausforderungen bedarf dabei grenzüberschreitender Kooperationen in Forschung und Entwicklung. Forschung und Entwicklung endet nicht an nationalen Grenzen. Sie ist vielmehr international. Die renommierten Wissenschaftssysteme Großbritanniens und der Schweiz haben in der Vergangenheit einen wichtigen Beitrag zu europäischen Forschungserfolgen geleistet. Die FDP Baden-Württemberg setzt sich für eine volle Assoziierung beider Partnerstaaten zu Horizon Europe in dem nächsten Forschungsrahmenprogramm der EU ein. Sie unterstützt die Vorhaben der Bundesbildungsministerin zur Wiederbelebung der Studierenden- und Wissenschaftsmobilität mit beiden Staaten. Das 10. Forschungsrahmenprogramm soll sich angesichts der Zeitenwende stärker für weltweite Wertepartner öffnen. Zentrale Werte der Forschungsfreiheit und -integrität müssen in Kooperationen mit schwierigeren Partner ein größeres Gewicht erlangen. Dual-Use-Risiken sind insbesondere bei Kooperationsanliegen mit chinesischen Partnern zu minimieren. Bei europäischen Plänen zur Unterstützung des Wiederaufbaus der Ukraine verdient die Forschungs- und Innovationskraft der Ukraine besondere Beachtung.

Vorteile der künstlichen Intelligenz ethisch nutzen

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz hat unseren Alltag erreicht und fasziniert durch seine vielfältigen und effektiven Anwendungen. Als Freie Demokraten sind wir bestrebt, diese Technologie im Einklang mit unseren ethischen und moralischen Werten zu fördern und zu kontrollieren. Wir erkennen jedoch auch die damit verbundenen (mitunter langfristig potentiell existentiellen) Risiken an.

Wir sind der festen Überzeugung, dass ein verantwortungsvoller und ethischer Einsatz von fortschrittlicher künstlicher Intelligenz eine eingehende Auseinandersetzung mit diesen Risiken erfordert. Gleichzeitig ist es wichtig, eine markt- und innovationsoffene Perspektive einzunehmen und diese aufstrebende Technologie nicht überzuregulieren. Diese ist gerade auch im Kontext des globalen Systemwettbewerbs relevant - wo man sich als liberale Demokraten gegenüber autoritären Bestrebungen keine Pause leisten darf.

Wir setzen uns für die Schaffung eines dynamischen gesetzlichen Rahmens auf europäischer Ebene ein, der sicherstellt, dass die Entwicklung und Implementierung von KI-Systemen mit angemessenen Sicherheitsvorkehrungen und Mechanismen zur Risikovermeidung einhergeht. Dieser Rahmen sollte jedoch gleichzeitig Innovationsfreundlichkeit und Wettbewerb fördern. Durch einen fairen und klug-regulierten Markt für künstliche Intelligenz können wir das Potenzial dieser Technologie voll ausschöpfen und innovative wie auch sicher Lösungen schneller vorantreiben.

Wir betonen besonders die Bedeutung von Forschung und Entwicklung, um den Fortschritt auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken. Wie setzten dafür auf eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten besonders in den Bereichen Bildung und Forschung - eine erste Idee wäre ein Europäisches Institut nach dem Vorbild CERN für KI-Sicherheits- und Risikoforschung - um die europäische Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Nur so eröffnen wir neue Möglichkeiten für Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und soziale Innovationen im nahenden Zeitalter von KI.

Als Freie Demokraten sind wir davon überzeugt, dass es notwendig ist, das volle Potenzial von künstlicher Intelligenz zum Wohle der Menschen zu entfalten, aber ohne dabei unsere grundlegenden Werte von Freiheit, Menschenwürde und Demokratie, sowie die Sicherheit und Existenz der Menschheit zu vernachlässigen. Ein verantwortungsvoller und ethischer Einsatz von KI in Verbindung mit Markt- und Innovationsgeist ist der Schlüssel, um die Chancen dieser Technologie voll auszuschöpfen und gleichzeitig mögliche Risiken zu minimieren.

Darüber hinaus sehen wir die Notwendigkeit, die digitale Souveränität Europas zu gewährleisten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Europa seine eigene digitale Infrastruktur aufbaut und unabhängig betreiben kann. Die Kontrolle über unsere Daten, sowie unsere Rechenkapazitäten, darf nicht ausschließlich anderen Staaten oder außereuropäischen Unternehmen überlassen werden.

Die Position des Europäischen Parlaments zum KI-Gesetz trägt eine klare liberale Handschrift und trotzt konservativen Überwachungswünschen und linken Überregulierungsfantasien. Der Kompromiss würde KI verhältnismäßig regulieren, Bürgerrechte schützen, sowie Innovation und Wirtschaft beflügeln wird. Für uns ist ein Verbot biometrischer Überwachung eine zentrale Errungenschaft des Gesetzgebungstextes.

Für die Trilog-Verhandlungen fordern wir die Bundesregierung dazu auf, Belastungen für innovative Unternehmen weiter zu verringern sowie bürokratische Belastungen und Pflichten zu reduzieren.

Verdachtsunabhängige Chatkontrollen, Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung lehnen wir weiterhin ab. Die Bundesregierung fordern wir auf, die Einführung dieser Instrumente durch die europäische Hintertür zu verhindern.

2. Energie- und Klimapolitik europäisch denken

Wasserstoff ist bunt - Rechtsrahmen für Wasserstoffwirtschaft schaffen

Wasserstoff ist das Erdöl der Zukunft. Damit der Energieträger in ganz Europa verfügbar wird, ist es wichtig, dass Technologieoffenheit auch bei der Herstellung von Wasserstoff herrscht. Insbesondere in der Hochlaufphase ist es wichtig, dass ausreichende Mengen von Wasserstoff zu einem geringen Preis zur Verfügung stehen. Dafür muss roter Wasserstoff aus Elektrolyse mit Kernenergie, türkiser Wasserstoff aus Pyrolyse von Abfallstoffen und blauer Wasserstoff aus Dampfreformierung mit Speicherung des CO2 mittels Carbon Capture Storage and Usage gleichbehandelt werden, wie grüner Wasserstoff aus Elektrolyse mit erneuerbaren Energien.

Förderungen nach CO2-Vermeidungspreis ausrichten

Europas Mitgliedsstaaten haben sehr unterschiedliche Fortschritte in Sachen Klimaschutz aufzuweisen. Dadurch ist der Hebel zur Erreichung der Klimaziele bei einer Investition in manchen Ländern größer als in anderen. Förderungen der EU für den Klimaschutz sind daher an der Effizienz der Maßnahmen auszurichten. Damit wollen wir „so viel Klimaschutz, wie möglich, für so wenige Euros, wie nötig“ erreichen.

Kernfusion fördern

Europa darf bei Zukunftstechnologien nicht von anderen Ländern abgehängt werden. Der weltweite Wettlauf um die Technologieführerschaft im Bereich der Kernfusion hat längst begonnen. Kernfusion bietet das Potenzial, Energie in Zukunft klimaneutral und sicher zu erzeugen. Mit seinen herausragenden Versuchsanlagen und dem großen Knowhow in der Lasertechnik hat Deutschland die besten Voraussetzungen, hier eine Führungsrolle einzunehmen. Die FDP Baden-Württemberg setzt sich deshalb für die Errichtung einer Freiheitszone (abgegrenzter Bereich mit einem höheren Freiheitsgrad im Hinblick auf regulatorische Maßnahmen) für die Erforschung und Anwendung von Kernfusionsreaktoren ein. Ziel ist es, den passenden Regulierungsrahmen auszuloten, um künftig Kernfusionsreaktoren in Europa und insbesondere Deutschland bauen und ans Netz bringen zu können. Wir werden für den Betrieb der Kernfusion in Deutschland einen geeigneten eigenen Rechtsrahmen außerhalb des Atomrechts schaffen, der den inhärent geringeren Risiken dieser Technik Rechnung trägt und die Anwendung der neuen Technologie ermöglicht.

Schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren

Der Bedarf an Strom und bezahlbarer Energie wird weiter steigen. Ein Ausbau moderner Infrastruktur und beschleunigter Verfahren ist deshalb unerlässlich. Die Bundesregierung hat bereits einige Hürden auf dem Weg zum schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien aus dem Weg geräumt. Wir setzen uns dafür ein, dass die schnelleren Planungs- und Genehmigungsverfahren beispielsweise auch bei Energieleitungen und Energie-Speichern zum Tragen kommen und in die entsprechende Forschung investiert werden kann. Dafür müssen die Möglichkeiten, die über die europäische Notfall-Verordnung geschaffen wurden, dauerhaft beibehalten werden.

Energiewende gesamteuropäisch vorantreiben

Die Energiewende sollte als gesamteuropäisches Projekt begriffen werden, um Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Klimaverträglichkeit weiter voranzutreiben. Wir setzen uns für eine weitere Liberalisierung des Energiebinnenmarktes ein. Dadurch wird Strom dort in Europa produziert, wo er aufgrund seiner Standortbedingungen die geringsten Kosten verursacht, während einheitliche Umweltstandards eingehalten werden. Wir fordern auch einen stärkeren Ausbau transnationaler Netze. Der zunehmende Ausbau der Erneuerbaren Energien führt zu immer stärkeren Stromspitzen aus Windkraft und Photovoltaik. Sie müssen effektiver durch das europäische Netz aufgefangen und durch verbesserte Speichermöglichkeiten für Phasen von Schwachwind und fehlenden Sonnenschein verfügbar gemacht werden. Dies ist ebenso erforderlich, um das Drosseln der Stromproduktion bei Stromspitzen, z.B. durch Abschalten von Windrädern bei zu viel Wind, zu vermeiden. Denn nichts ist ineffizienter als verfügbare Energie einfach nicht zu nutzen.

CO2-Infrastruktur aufbauen

Neben dem Transport von Energie ist der Transport von nicht vermeidbarem CO2 zu ermöglichen. Da potentielle Lagerstätten für CO2 ungleich verteilt sind, muss der Transport zu diesen Lagerstätten bei der Infrastrukturplanung mitgedacht werden.

3. Gemeinsame Europäische Migrationspolitik mit Verteilungsmechanismus

Europäische Integration

Wir Freie Demokraten setzen uns für dafür ein, die Europa-Regionen als Motoren der europäischen Integration weiter zu stärken. Maßnahmen hierfür können zum Beispiel die Stärkung von Schüleraustauschformaten, Fördermaßnahmen zum Fremdsprachenerwerb und ein Tag der Grenzregionen als jährlicher Aktionstag in Brüssel und den Hauptstädten mit Binnengrenzen sein. Wir unterstützen die Durchführung eines jährlichen deutsch-französischen Festivals im Rahmen des Aachener Vertrages. Auch der Arbeitsalltag muss erleichtert werden. So muss sich die EU-Kommission dafür einsetzen, dass bei Grenzgängern das faktische Homeoffice-Verbot (25%-Regelung) abgeschafft wird.

Flüchtlingspolitik

Wir Freie Demokraten setzen uns für Klarheit, Ordnung und Rechtsstaatlichkeit in der europäischen Migrationspolitik ein. Wir wollen weniger irreguläre Migration und stattdessen mehr Einwanderung in die europäischen Arbeitsmärkte.
Wir begrüßen ausdrücklich den jetzt in Bewegung gekommenen Reformprozess des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Als Partei des Rechtsstaats und der Menschenrechte fordern wir eine konsequente Anwendung von Recht und Gesetz auf Ebene der EU, in den Mitgliedsstaaten und im gesamten Schengen-Raum. Das gilt sowohl bei der Ausgestaltung von menschenrechtskonformen Asyl-und Asylgrenzverfahren als auch bei der Durchsetzung von abgelehnten Asylentscheidungen, Rückführungen und dem Schutz der Außengrenzen.

Gerade Regionen wie Baden-Württemberg mit langen Außengrenzen sind im Bereich der irregulären Migration stark von Sekundärmigration betroffen. Wir Freie Demokraten fordern daher eine Stärkung der freiwilligen oder besser noch: verpflichtenden Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten bei der Übernahme von Geflüchteten. Das muss genauso kurzfristig und unbürokratisch möglich sein wie bei einem Wechsel zwischen zwei Bundesländern und sollte nicht daran scheitern, dass Menschen sich auf Grund unterschiedlicher staatlicher Leistungen an Betroffene weigern, umzuziehen. Daher sollte es auf EU-Ebene eine Einigung auf weitgehend vereinheitlichte Leistungen an Geflüchtete (bei Kaufkraftparität) geben, die den Bedürfnissen der Betroffenen Rechnung tragen. Insbesondere in Grenzregionen geht es aber auch um Kooperation auf allen Ebenen. Wir fordern daher eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten bei Fragen der Unterbringung und Versorgung von Menschen, insbesondere in grenznahen Regionen. Auch bei Rückführungen muss die Kooperation gestärkt werden. Rückkehrentscheidungen müssen gegenseitig anerkannt und Charterflüge gemeinsam gestartet werden, auch mit koordinierender Unterstützung der Grenzschutzagentur Frontex.

Wir Freien Demokraten fordern zudem, neben der Schaffung von Humanitären Visa, in Gebieten mit humanitärer Notsituation bzw. Kriegsgebieten, in denen die Bundeswehr aktiv ist, Europäische Zentren für Asylanträge aufzubauen. Verwaltet durch die Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) und unterstützt durch die Grenzschutzagentur Frontex können Personen auf diese Weise einen Asylantrag stellen, ohne erst bis auf das europäische Festland kommen zu müssen. Durch Vor-Ort-Entscheidungen und besseres Informationsmanagement zu den Aufnahmeperspektiven minimieren wir das Sterben auf dem Mittelmeer sowie den Landwegen und erschweren Menschenschmugglern das Handwerk.

4. Außen- und Sicherheitspolitik

Qualifizierte Mehrheitsentscheidung in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik

Wir fordern eine baldige Vertiefung der Europäischen Union, auch ohne abzuwarten, ob es zu Vertrags-Änderungen kommt. Gegebenenfalls sollten auch die Brückenklauseln im Lissabonner Vertrag genutzt werden. Wir fordern, dass die Einstimmigkeit im EU-Ministerrat in die qualifizierte Mehrheit überführt wird. Insbesondere in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) müssen Mehrheitsentscheidungen möglich werden. Die Hohe Vertreterin oder der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik muss so aufgewertet werden, dass sie oder er zukünftig als vollwertige „EU-Außenministerin“ oder als vollwertiger „EU-Außenminister“ agieren kann.

Integrierte EU-Verteidigungsindustrie

Wir Freie Demokraten setzen uns für eine integrierte EU-Verteidigungsindustrie ein.

Dazu streben wir eine Weiterentwicklung der EU-Verteidigungsinitiative für die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit PESCO an.

5. Berufliche Bildung EU-weit stärken

Attraktivität des beruflichen Bildungswegs EU-weit steigern

Zu viele Ausbildungsplätze hierzulande bleiben nach wie vor unbesetzt – und das trotz eines eklatanten Fachkräftemangels. Gerade das Wirtschaftsland Baden-Württemberg wird ohne ausreichende Fachkräfte seine wirtschaftliche Spitzenreiterrolle im bundesweiten und internationalen Vergleich kaum aufrechterhalten können. Der Karriereweg über ein Hochschulstudium dagegen boomt ungebremst. Einer der Gründe: Was an Hochschulen innerhalb der EU längst gelebte Realität ist, sucht man im beruflichen Bildungsbereich vergeblich - problemlose Anrechnungsmöglichkeiten von erbrachten Leistungen und Abschlüssen sowie das unkomplizierte Sammeln von Auslandserfahrungen innerhalb der EU-Staaten: Die Bologna-Reform hat es im Hochschulbereich möglich gemacht.

Genau hier muss ein Umdenken erfolgen, denn für uns Freie Demokraten ist klar: Was in der EU für Studierende bereits möglich ist, muss auch für duale und schulische Auszubildende in gleicher Weise zur Selbstverständlichkeit werden.
Wir Freie Demokraten fordern deshalb einen deutlichen Ausbau des „Erasmus“-Programms für duale und schulische Auszubildende, das dem für Hochschulstudierende in nichts nachsteht und genauso leicht zugänglich ist. Um dies zu erreichen, müssen Partnerschaften unter Institutionen aus dem beruflichen Bildungsbereich EU-weit stärker beworben und gefördert werden, sodass berufsbildende Auslandsaufenthalte und etwaige Leistungsanrechnungen - unter Wahrung der Bildungsautonomie in den einzelnen EU-Staaten - leichter möglich werden. Wir müssen die Attraktivität des beruflichen Bildungswegs aktiv stärken, sodass für junge Menschen erkennbar wird: Sowohl eine berufliche Ausbildung als auch ein Hochschulstudium sind - auch in Bezug auf das Sammeln von Auslandserfahrungen - gleichermaßen attraktiv.

Weiterhin könnte der inländische Arbeitsmarkt vom Klebeeffekt eines ausgebauten „Erasmus“-Programms für duale und schulische Auszubildende dahingehend profitieren, als dass sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus anderen EU-Staaten aufgrund entsprechender Erfahrungen hierzulande für eine Karriere in Deutschland bzw. Baden-Württemberg entscheiden.

Zusätzliche EU-Berufsbezeichnungen umsetzen und stärker bewerben

Wir Freie Demokraten sehen insbesondere eine Chance in den internationalen Berufsbezeichnungen „Bachelor Professional“ sowie „Master Professional“. Dass der „Meister“-Titel mit dem „Bachelor Professional“-Titel gleichbedeutend ist, muss EU-weit stärker beworben werden. Zwar gibt es mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) jetzt schon eine EU-weite Initiative, die berufliche Qualifikationen in Europa vergleichbarer machen soll. Doch das reicht uns Freien Demokraten nicht. Wir wollen - zusätzlich zu den jeweils inländischen Berufsabschlussbezeichnungen, die auch weiterhin in der alleinigen Zuständigkeit der EU-Staaten liegen - auch die internationalen beruflichen Grade „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ flächendeckend etablieren. Hierzu gehört auch ein entsprechender Vermerk über das EQR-Niveau in Zeugnissen. Nur wenn wir mit ergänzenden EU-weiten Berufsabschlussbezeichnungen den beruflichen Bildungsbereich stärken und wertschätzen, erkennen junge Menschen und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber EU-weit wieder den besonderen Wert eines Karrierewegs über eine duale oder schulische Berufsausbildung.

6. Ernährung und Landwirtschaft

Die EU muss die Voraussetzungen schaffen, um eine resiliente Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sicherzustellen. Eine der Bedingung dafür ist ein hoher Anteil an landwirtschaftlichen Produkten, die auf eigenem Territorium hergestellt werden. Bei uns arbeiten bestens ausgebildete Landwirte, die in Generationen denken und sich deshalb für den langfristigen Erhalt ihrer Ressourcen einsetzen. Die Politik sollte sich darauf beschränken, diese Strukturen durch sinnvolle Rahmenbedingungen zu fördern. Es darf nicht sein, dass ständig neue Vorschriften und stetig wachsende Bürokratie eine langfristige Planung verhindern und damit die Existenz vieler Betriebe gefährden.

Darüber hinaus müssen sich die Bürger darauf verlassen können, dass alle Lebensmittel –unabhängig von ihrer Herkunft- die gleichen Anforderungen erfüllen. Voraussetzung dafür müssen einheitliche Umwelt- und soziale Standards sein. Insbesondere in Deutschland muss die Verschärfung von EU-Verordnungen auf nationaler Ebene endlich beendet werden. Auch muss verhindert werden, dass die EU durch erhöhte Nachfrage die globalen Marktpreise anheizt und damit Hunger in wirtschaftsschwachen Regionen fördert. Die EU-Agrarpolitik sollte sich den Herausforderungen einer weiter wachsenden Weltbevölkerung stellen und globale Verantwortung übernehmen.

Auch die Folgen des Klimawandels müssen auf europäischer Ebene berücksichtigt werden. Der Entfall landwirtschaftlicher Flächen infolge klimatischer Veränderungen sorgt für neue Herausforderungen. Die Erschließung von neuen Standorten und Sorten sollte daher auf EU-Ebene gefördert werden.

7. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bevölkerungsschutz ausbauen

Die Bedrohungslage durch Cyberangriffe, Pandemien und den Klimawandel erfordert eine enge Abstimmung mit unseren Nachbarn in Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass hier viel zu wenige standardisierte und strukturierte Zusammenarbeit gibt, wie sie für Baden-Württemberg als Bundesland mit zwei EU-Binnengrenzen und einer EU-Außengrenze fundamental notwendig wären. Hierfür bedarf es gleichermaßen bilateraler Bemühungen wie auch eines europäischen Rahmens.

8. Arbeitsmarkt Europa — Platz der Vielfalt, Platz für vielfältige Arbeitsstellen

Wir wollen die Arbeitskräftemobilität und die geltende Berufsfreizügigkeit in der EU weiter stärken. Wir wollen die Arbeitnehmerfreizügigkeit gerade im Bereich der kleinen und mittleren Einkommen verbessern. Ein Ansatzpunkt dafür ist die vereinfachte Anerkennung von Berufsabschlüssen, non-formalen und informellen Kompetenzen und Erfahrungswerten. Ferner müssen Anerkennungsverfahren so angepasst werden, dass ein ausländischer Berufsabschluss oder ausgeübter Beruf nach einer angemessenen Sperrfrist auch mehrmals mit einem in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Beruf verglichen werden kann. Dies gilt analog auch für Bildungsabschlüsse, wie z.B. Schul- oder Hochschulabschlüsse.
Zudem muss in jedem Land eine zentrale Anlaufstelle für so eine Anerkennung geschaffen werden und deren Abläufe europaweit standardisiert nachvollziehbar sein. Darüber hinaus wollen wir in der EU langfristig die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild etablieren. Zudem unterstützen wir die Schaffung einer europäischen Arbeitsplattform, über die Arbeitsplätze vermittelt werden und auf die auch die nationalen Arbeitsagenturen über die transnationale Zusammenarbeit hinaus zugreifen können.
Ferner setzen wir uns für die Einführung eines freiwilligen EU-weiten privaten Altersvorsorgeprodukts ein, dessen Transparenzanforderungen, Investitionsregeln und Übertragungsverfahren europaweit standardisiert sind. Hierdurch soll der Sparer bei einem Wohnsitzwechsel innerhalb der EU in die Lage versetzt werden, den abgeschlossenen Altersvorsorgevertrag ohne Abschläge fortführen zu können. Ein EU-weiter Markt für die private Altersvorsorge intensiviert den Wettbewerb zwischen Versicherungs- und Finanzinstituten und steigert die Durchdringung der freiwilligen Altersvorsorge.

9. Europa ist ein Gefühl, in dem man aufwächst — Schüler immer wieder für Europa begeistern

In Freiheit, Frieden und Wohlstand zu leben ist das Lebensgefühl, das Europa ausmacht. Unsere Jugend ist das Europa von morgen. Jede neue Generation von Schülern, Studenten, Azubis und weiteren jungen Menschen verdient es aufs Neue, die Vorteile und Freiheiten, die die europäische Union bietet, hautnah und praxisnah zu erleben.

Wir Liberale unterstützen daher die Förderung von Fremdsprachenprojekten, umfangreiche Stipendienprogramme für den innereuropäischen Schüleraustausch sowie für Schülerpraktika im Europäischen Parlament. Wir fördern auch weiterhin finanziell Projekte zur Demokratieförderung und Planspiele wie Model United Nations und andere, die sich zum Ziel gesetzt haben, Demokratie und europäischen Parlamentarismus für Schüler, Studenten, Auszubildende und weitere jungen Menschen erlebbar zu machen. Ein Erasmus-Jahr gehört heute so selbstverständlich zu vielen Studienverläufen dazu wie ein Schüleraustausch nach Warschau oder Rom.

Trotz erfolgreicher Hochschulbildungsprogramme sind Semesterzeiten und Prüfungszeiträume a den Universitäten bis heute nicht angeglichen worden. Wir fordern daher die Angleichung der Semester- und Prüfungszeiten in der EU und fordern die Europäische Kommission auf, hierzu den vermittelnden Anstoß zu geben. Außerdem muss die gegenseitige Anerkennung von Kursen im Rahmen des ECTS verbessert werden, sodass die im Auslandssemester belegten Kurse einfacher auf das Studium angerechnet werden können. Hierzu wollen wir einen Rahmen schaffen, in dem zur Erleichterung der wechselseitigen Anerkennung von Studienleistungen zwischen den Mitgliedstaaten vergleichbare, unverbindliche Standards für Studienprogramme und -kurse festgelegt werden. Damit wird das Versprechen des Bologna-Prozesses einer realen Studienfreizügigkeit in ganz Europa endlich abschließend eingelöst.

In Zukunft sollen nicht nur Schulpflichtige und Studierende, sondern gerade auch Auszubildende viel häufiger die Chance haben, von der EU zu profitieren. Für junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz soll deswegen ein übersichtlich und deutlich über das EQF-Portal hinausgehender europäischer Ausbildungsmarkt präsentiert werden. Junge Menschen sollen in der Lage sein, alle in Europa vorhandenen Ausbildungsberufe abzurufen und sich europaweit für eine Ausbildung zu entscheiden. Analog zum Erasmus-Studienaufenthalt soll für Ausbildungen mit blockweisen Berufsschulphasen die Option geschaffen werden, auch einen Teil der Schulphase an einer Partnerschule im Ausland zu absolvieren. Eine Höchstdauer des Auslandsaufenthaltes während der Ausbildungszeit lehnen wir generell ab; Betriebe wissen selbst am besten, an welchem europäischen Standort sie ihre Azubis wie lange am besten ausbilden.